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remus Web-Dok. 5/2002

Checkliste "Rechteerwerb"

1. Ist der Erwerb von Nutzungsrechten überhaupt erforderlich?
2. Wenn ja: Wie ermittelt man den Rechteinhaber?
3. Wenn ermittelt: Worauf ist beim Rechteerwerb zu achten?

 

1. Ist der Erwerb von Nutzungsrechten überhaupt erforderlich?

a) Besteht überhaupt Urheberrechtsschutz?

aa) Liegen die Voraussetzungen des Urheberrechtsschutzes überhaupt vor (insbesondere schöpferische Eigentümlichkeit)? Wenn nein, kommen andere Schutzrechte in Betracht?

bb) Umfaßt der Umfang des Schutzes auch die beabsichtigte Nutzung des Werkes? Ist eine freie Benutzung des Werkes möglich (§ 24 UrhG)?

cc) Ist die Schutzfrist abgelaufen (§§ 64ff. UrhG)?

b) Ist die Nutzung von Gesetzes wegen erlaubt?

aa) Handelt es sich um ein amtliches Werk (§ 5 UrhG)?

bb) Greift eine der urheberrechtlichen Schranken ein (insbesondere §§ 45ff. UrhG)?

(1) Besteht ein Vergütungsanspruch des Urhebers (Bsp.: öffentliche Wiedergabe (§ 52 Abs. 1 S. 1 und 2 UrhG))?

(2) Ist die Nutzung zulässig, ohne daß ein Vergütungsanspruch besteht (Bsp.: Zitatrecht (§ 51 UrhG))?

c) Wurden die Rechte bereits eingeräumt?

aa) Ist die Nutzung nach den allgemeinen Lizenzbedingungen erlaubt? Besonders relevant für den Softwarebereich, beispielsweise:
- Public-Domain-Software
- Software unter der GPL (Open Source);
- kostenlose Lizenzen für die Nutzung im Bildungsbereich (educational use)

bb) Bestehen Gesamtverträge mit den Verwertungsgesellschaften?

cc) Beachte: Es gibt keinen gutgläubigen Erwerb von Nutzungsrechten. Im Falle einer unzulässigen Nutzung von Werken drohen zivil- und strafrechtliche Konsequenzen.

2. Wie ermittelt man den Rechteinhaber?

a) Hinweise auf dem Werkexemplar (Urheber-/Lizenzvermerk) [siehe Grundwissen IV.]

b) Digital Rights Management bei digitalen Werken

c) Nachfrage bei Verbänden oder Verwertungsgesellschaften bzw. der Clearing-Stelle Multimedia (CMMV)

d) Recherche in Datenbanken, z.B. US Copyright Office

e) Recherche im Internet

Ergebnis: Man muß sich wenden
- an den Urheber
- im Falle des Todes des Urhebers: an den Rechtsnachfolger
- im Falle der Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts durch den Urheber: an den Inhaber dieses Nutzungsrechts (z.B. Verwertungsgesellschaft, Verlag, Bild-Agenturen usw.)

Beachte: Es gibt Konstellationen, in denen es erforderlich ist, sich sowohl an den Urheber als auch an den Inhaber des Nutzungsrechts zu wenden.

3. Worauf ist beim Rechteerwerb zu achten?

a) Vertragsklauseln zur Absicherung des Erwerbers:

aa) Zusicherung des Verfügenden, keine Vorausverfügungen vorgenommen zu haben

bb) Zusicherung der Freiheit von Rechten Dritter

cc) Freistellung des Erwerbers durch den Verfügenden für die gesamte Dauer der Lizenz? Sind die Regreßansprüche auch realisierbar?

b) Besondere Fragen:

aa) Erwerb vom Urheber: Wie kann der Urheber seine Urheberschaft nachweisen?

(1) Urheberrechtsvermerk

(2) Anmeldung bei einer Verwertungsgesellschaft

(3) Zusendung in versiegeltem Umschlag an sich selbst (Poststempel bzw. Zustellungsurkunde als Nachweis); Alternative: elektronische Signatur

(4) Hinterlegung bei Notar oder Rechtsanwalt

(5) Bekanntmachen in der Öffentlichkeit

(6) Interne Aufzeichnungen (z.B. Labortagebuch)

(7) Registrierung beim US Copyright Office

bb) Erwerb vom Rechtsnachfolger: Wer ist Rechtsnachfolger nach dem Tode des Urhebers?

(1) Erbe (§ 28 UrhG):

(a) kraft Gesetzes

(b) kraft Verfügung von Todes wegen (Einsetzung als Erbe durch Testament, gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag)

(2) Übertragung (§ 29 UrhG):

(a) in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen (Vermächtnis)

(b) an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung

Beachte: Nachweis durch Erbschein, Vorlage von Testament, Erbvertrag usw.

cc) Inhaber von Nutzungsrechten: Prüfungspunkte bei Lizenzketten

(1) Ist die Lizenzkette zum Urheber nachgewiesen?

(2) Decken die vorgehenden Verträge die vorgesehene Nutzung inhaltlich, räumlich und zeitlich ab? Für welche Nutzungsarten wurde das Recht eingeräumt?

(3) Ist eine Weiterübertragung der Lizenz gestattet?

(4) Gibt es Indizien, daß die Rechte bereits zuvor an einen Dritten (z.B. sicherungshalber) übertragen wurden?

(5) Bestehen sonstige Risiken (z.B. Ausübung von Rückrufsrechten)?


(Bearbeiter: Dr. Markus Junker)


Letzte Aktualisierung

09.06.2002

URL

http://remus.jura.uni-sb.de/web-dok/20020005.html